"Die Reformpädagogik Maria Montessoris"

aus der Reihe

Videomaterialien für die Lehrerfortbildung, herausgegeben vom Goethe-Institut, München

Verantwortlich

Roland Dittrich, Dieter Kirsch

Produktion

Wolfgang Zocher Videoworkshop

Herstellungsjahr

1995

Dauer

30 Minuten

Bezugsquelle

Goethe-Institut, Postfach 190419, 80604 München

 

Diese Produktion des Goethe-Instituts enttäuscht insofern, als Informationsgehalt und Aufbau die Qualität anderer Filme nicht erreichen. Zudem ist ihr Titel irreführend, da nicht die Reformpädagogik Maria Montessoris dargestellt wird, sondern allenfalls ihre spezifische, sehr eigenwillige wenn auch durchaus bemerkenswerte Umsetzung an einer Volksschule im bayrischen Dietramszell.

 

Der durch die „Schöpfung“ von Joseph Haydn musikalisch eingerahmte Film präsentiert zunächst eine Kurzbiographie Montessoris, die dem SWF-Beitrag aus der Reihe „Europäische Reformpädagogen“ entnommen ist (vgl. Montessori H./1997, S.100). Unter Zwischenüberschriften wie „Freiarbeit“, „Gebundener Unterricht“ oder „Ästhetische Erziehung“ werden anschließend Szenen aus dem Schulalltag präsentiert: Ankunft der Kinder, Morgenkreis, Montessori-Material und andere Arbeitsmittel, Freiarbeit, Klassenunterricht, Stillarbeit, Pausenspiel oder künstlerisches Gestalten. Schüler berichten, was ihnen an ihrer Schule gefällt und Lehrkräfte erläutern die Prinzipien und Ziele ihrer pädagogischen Arbeit.

 

Ihre Äußerungen sind jedoch oft recht knapp und plakativ und können, da sie nicht näher ausgeführt und begründet werden, ein verzerrtes Bild vermitteln. So bleibt etwa die Aussage, Ziel dieser Pädagogik sei „Tu was Du willst“, und das bedeute zunächst: „Was willst Du eigentlich?“ unkommentiert im Raum stehen. Am Filmende wird Montessori „sinngemäß“ so zitiert: „Wenn Du die Menschheit verändern willst, mußt Du beim Kind anfangen“. Ohne systematische Einbettung in Montessoris Menschenbild und eine Darlegung ihrer gesellschaftskritischen Grundhaltung kann hier leicht der Eindruck entstehen, als handele es sich bei Montessori-Pädagogen um eine sektenhafte Vereinigung esoterischer Weltverbesserer.

 

In diesem Kontext könnte auch die ausführliche Darbietung einer „Übung des täglichen Lebens“ (hier: Tischdecken) durch den knienden Lehrer befremdlich wirken, welche die Form einer rituellen Handlung annimmt. Weder wird darüber aufgeklärt, daß solche Übungen nach Montessori eigentlich ihren Ort im Kinderhaus haben, noch wird überzeugend dargelegt, warum ältere Volksschüler sich im Tischdecken üben sollen. Nach Ansicht des Lehrers geht es in erster Linie darum, „daß wir ganz bewußt eine Tätigkeit ausführen, ganz still und ganz langsam“. Nicht jeder Zuschauer wird dies jedoch als wichtigen Bestandteil des schulischen Bildungsauftrages ansehen.

 

Auch ist nicht immer deutlich genug erkennbar, welche Elemente, Materialien und Lernangebote charakteristisch für die Montessori-Pädagogik sind. Die ausgiebig gezeigten Aktivitäten im Bereich der ästhetischen Erziehung (Schulorchester, Werkunterricht, Theatergruppe), die vorgestellten Möglichkeiten aktiver Pausengestaltung und einige der Arbeitsmittel (Heinevetter, LÜK) sind ja keineswegs Montessori-spezifisches Sondergut. Das Typische dieser Pädagogik wird daher insgesamt nicht so differenziert und systematisch herausgearbeitet wie in anderen Filmbeiträgen. Manches bleibt oberflächlich und wird zu knapp, zusammenhangslos und verkürzt dargestellt.

 

Zwar präsentiert der Film eine durchaus anregende Schul- und Unterrichtspraxis, die an Prinzipien der Montessori-Pädagogik anknüpft, einige Elemente aufgreift und diesen ein eigenes Gepräge gibt. Die konkrete Gestalt dieser Praxis und das vorgetragene Montessori-Verständnis der Lehrpersonen sind jedoch nicht unbedingt repräsentativ. Es ist sogar fraglich, ob sich in diesem Film viele Montessorianer wiederfinden bzw. ob Außenstehende durch ihn zu dieser Pädagogik finden können. Pädagogisch Interessierten, die Montessori erst kennenlernen wollen, ist er jedenfalls eher nicht zu empfehlen.

 

Kritik ist auch am Begleitheft anzumelden, welches mitunter die gebotene Sorgfalt vermissen läßt. Es ist nach Art eines Lernprogrammes aufgebaut und enthält Informations- und Lückentexte. Das Heft ist methodisch anspruchslos, steuert einseitig das Urteil des Lesers/Zuschauers und weist mehrere fehlerhafte und widersprüchliche Darstellungen auf.

 

(Michael Klein-Landeck)

Literatur

Erlenwein, Sabine: Die Reformpädagogik Maria Montessoris, Begleitheft zum Film (herausgegeben von Dieter Kirsch, Goethe-Institut), 36 S., München 1997

Kontakt

Falls Sie Fragen haben oder mit uns kooperieren möchten, nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt auf.

Zur Kontaktseite ...

Montessori-Zentrum Münster - "Hilf mir, es selbst zu tun!"

Das Montessori-Zentrum

engagiert sich in Lehre und Forschung rund um die Montessori-Pädagogik.

Es ist kompetente Anlaufstelle für hochwertige Fortbildungen und bietet fundiert aufbereitetes Fachwissen. Mehr...