Dialog Filmproduktion GmbH München
FWU
1977
29 Minuten
Anhand von Elternaussagen, Lehrer- und Kinderäußerungen sowie vielfältigen Bildern aus dem Unterricht informiert der Film ausführlich über das Integrationskonzept des Münchener Montessori-Schulmodells.
Die Hinführung zum Thema erfolgt mit Hilfe von Aufnahmen, die auf dem Spielplatz des Kindergartens der Aktion Sonnenschein in München gemacht wurden. Die Bilder zeigen, wie verschiedenartig behinderte und nicht behinderte Kinder zusammen spielen und einander helfen. Der Sprecher führt aus, daß die Sechsjährigen gemeinsam in die Montessori-Modellschule überwechseln werden. Dazu heißt es im Kommentar: "Die einzigartige Möglichkeit der Hilfe für das behinderte Kind, von dem die Montessori-Pädagogik ursprünglich ausging, wird im Kinderzentrum München neu entdeckt und weiterentwickelt." Freiarbeit im Sinne Montessoris bietet in dieser Hinsicht, so die Kernaussage des Films, ideale organisatorische Voraussetzungen.
In Interviews schildern Eltern ihre Erwartungen an integrativen Unterricht. Sie sind davon überzeugt, daß ihre Kinder an der integrativen Montessori-Schule bessere Entwicklungsbedingungen vorfinden als an sonderpädagogischen Einrichtungen. Die Münchener Modellschule versteht sich als "normales" soziales Umfeld, in dem Kinder ungezwungen miteinander und mit Behinderungen unterschiedlicher Art umzugehen lernen. Die Förderung ihrer Selbständigkeit und eine gesunde Sozialentwicklung werden als Grundbedingungen für die spätere Lebenstüchtigkeit angesehen. Voraussetzung für das harmonische Zusammenleben, welches durch die Filmausschnitte eindrucksvoll dokumentiert und aus Sicht der Kinder bestätigt wird, ist die angemessene Zusammensetzung der Klassen: Bewährt hat sich ein Verhältnis von 25% Behinderten zu 75% Nichtbehinderten. Jede Behinderungsart sollte dabei nach Möglichkeit nur einmal pro Lerngruppe vertreten sein.
Die Erfahrung zeigt, daß hier alle Schüler in ihrer sozialen und personalen Entwicklung gestärkt werden, niemand wird in seinem intellektuellen Fortschreiten gehemmt. Für diesen Erfolg des Integrationskonzeptes sind die intensive Teilnahme der Eltern am Schulleben sowie eine Montessorianisch geprägte Grundhaltung des Lehrerkollegiums von entscheidender Bedeutung. In diesem Kontext bringt die Schulleiterin zum Ausdruck, daß die Lernprozesse der Lehrer im Umgang mit behinderten Kindern anfangs vermutlich intensiver waren als die der Kinder, denen ein spontaner, ungezwungener Umgang miteinander offenbar sofort leicht fiel. Allerdings nennt sie auch personelle und sachliche Grenzen integrativer Arbeit: So sei die Schule beispielsweise nicht für die Arbeit mit völlig gehörlosen oder blinden Schülern ausgestattet, auch seien der Integration verhaltensgestörter Kinder klare Schranken gesetzt.
Der Film zeigt auch Bilder eines behinderten Schülers, der unter starken Wahnvorstellungen leidet. Völlig unverständlich bleibt, warum der Kameramann, trotz seines ausdrücklichen Wunsches, nicht gefilmt zu werden, diesem Jungen minutenlang nachspürt und ihn mit dem Weitwinkelobjektiv filmt. Hier werden bei dem Bestreben, das Portrait einer humanen Schulkonzeption zu zeichnen, inhumane Methoden angewandt! Dies schmälert leider den ansonsten positiven Eindruck, den dieser ausgewogene und informative Filmbeitrag macht. Insgesamt wird deutlich aufgezeigt, daß im Münchener Integrationsmodell das Kind und seine Sozialentwicklung im Zentrum stehen und nicht die einzelne Behinderung. Zwar werden durch eine solche Schule sonderpädagogische Einrichtungen keineswegs überflüssig, doch, so der abschließende Kommentar, können und müssen die Grenzen der Integrationsfähigkeit wesentlich weiter gezogen werden.
(Michael Klein-Landeck)
Hellbrügge, Theodor: Unser Montessori-Modell, Frankfurt/M. 1984
Hellbrügge, Theodor/ Montessori, Mario (Hrsg.): Die Montessori-Pädagogik und das behinderte Kind. Referate und Ergebnisse des 18.Internationalen Montessori-Kongresses (München 4.-8.Juli 1977), München 1978