Erziehen muss auf Förderung der Entscheidungs- und Bindungsfähigkeit gerichtet sein

Pluralisierung bezieht sich heute nicht nur auf äußere Lebensformen, sondern auch auf die sie tragenden Wertvorstellungen. Kinder heute werden in einem Ausmaß mit unterschiedlichen, ja widersprüchlichen Wertvorstellungen konfrontiert, nicht zuletzt durch das Fernsehen, das sie in jedes Kinderzimmer trägt, wie man sich das früher nicht hätte vorstellen können. Die Folge kann Orientierungslosigkeit und Wertrelativismus sein. In einer solchen Situation bedarf es einer Erziehung, die dem Kind zur Entscheidungs- und Bindungsfähigkeit verhilft. Der junge Mensch muss sehr viel mehr als früher lernen, zwischen gegensätzlichen Wertvorstellungen, Anschauungen, Lebensformen begründet Entscheidungen zu treffen und sich an selbst gewählte Zielsetzungen zu binden. Wir wissen alle, dass diese Bindungsfähigkeit des heutigen Menschen sehr abgenommen hat. Erziehung in Familie und Schule muss deshalb diesem Defizit entgegenzuwirken versuchen.

Hier liegt eine pädagogische Chance der Freiarbeit. In der Freiarbeit lernt das Kind, eigenständig Entscheidungen zu treffen und sie auch durchzuhalten, wenn nicht triftige Gründe dem entgegenstehen. Man sollte nicht vergessen, dass auch der Freizeitbereich in hohem Maße diese Fähigkeit erfordert, aus einem Angebot von Möglichkeiten begründet auszuwählen und bewusste Entscheidungen zu treffen, wenn man sich nicht ungeschützt und ungewollt den Einflüssen einer Freizeitindustrie aussetzen will.