Es ist unter Didaktikern unbestritten, dass es darauf ankommen muß, für Lern- und Bildungsvorgänge eine intrinsische Motivation zu fördern, d.h. junge Menschen aus Interesse an der Sache lernen zu lassen. Ebenso unbestritten ist jedoch, dass es heute schwieriger denn je zu sein scheint, ein so motiviertes Lernen didaktisch anzuregen.
Durch die Freiarbeit wird dieses zentrale Problem schulischen Lernens hervorragend gelöst, wie neuere Untersuchungen wiederholt bestätigt haben. Die Kinder arbeiten an den Aufgaben, zu denen sie sich selbst entschieden haben, mit sichtlicher Freude und großer Ausdauer. Es ist motivations- und lernpsychologisch ferner besonders wichtig, auf die Passung von Aufgabenschwierigkeiten und Leistungsfähigkeit zu achten, was durch die Struktur der Freiarbeit sehr erleichtert wird. Dazu trägt auch bei, daß das Material Montessoris gemäß ihrem Prinzip der Analyse komplexer Lernprozesse elementarisiert und nach dem Grundsatz der kleinen Lernschritte aufgebaut ist. Motivationsfördernd wirkt ferner die unmittelbare Rückmeldung über den Erfolg des Lernens durch die in vielen Materialien eingebaute Fehlerkontrolle.
Als besonders bedrohlich für die Leistungs- und Lernmotivation vor allem der lernschwächeren Schüler erweist sich die übliche Form der Leistungsbewertung mit Hilfe eines groben Zensurenschemas, dessen Maßstäbe stark an einem Vergleich der Schüler untereinander orientiert sind. In der Montessori-Freiarbeit erfolgt die notwendige Leistungsorientierung weniger mit Hilfe sozialer Vergleichsprozesse, obwohl auch diese eine Rolle spielen, als vielmehr an der Sache selbst und am individuellen Lernfortschritt. Die mit dem Material selbst verbundene Fehlerkontrolle ermöglicht dem Schüler eine unmittelbare Selbsteinschätzung seines Könnens und entspricht strukturell einer lernzielorientierten Bewertung. Zum anderen wird die Aufmerksamkeit des Schülers in erster Linie auf die eigenen Lernfortschritte gelenkt, da ja die Mitschüler durchweg mit anderen Materialien arbeiten und infolge unterschiedlicher Interessen und Leistungsstände andere Schwerpunkte ihrer Aktivitäten setzen.